Sonntag, 10. Juni 2012

Warten, warten, warten



Zu den wichtigsten Tugenden eines Autors gehört die Geduld. Wenn ein Lektor sagt, er meldet sich nächste Woche, bedeutet das in der Regel, er versucht, innerhalb des nächsten halben Jahres anzurufen. Diese Aussage ist aber schon ein Grund zu feiern, zeigt sie doch immerhin, dass das Manuskript wahr genommen wurde.
Viel schwieriger ist es, wenn man ein Exposé und eine Leseprobe auf die Reise gebracht hat und nichts passiert. Das kann alles bedeuten: Er hat es gelesen, es hat ihm gefallen und er hat es schon mal auf einen Extrastapel gelegt, um bald anzurufen oder er hat es gelesen und es hat ihm nicht gefallen, er mag nur nicht absagen oder er hat es noch nicht gelesen und es liegt irgendwo in diesem großen Stapel der Post, die noch zu lesen ist oder er hat noch nicht mal den Brief bekommen, weil er schon seit vier Wochen wegen eines posttraumatischen Belastungssyndroms krankgeschrieben ist oder oder oder. Keine Antwort kann eben alles und nichts bedeuten.
Wichtig ist, dass man sich nicht davon abhängig macht, sagt mein Gestalttherapeut immer. Da hat er natürlich Recht. Darum stürze ich mich nach dem Abschicken sofort auf das nächste Projekt. Aber irgendwann ist auch das Projekt auf den Weg gebracht, und dann reicht es allmählich mit dem Warten … Ob ich mal nachfragen soll? Aber eine Absage sollte es möglichst auch nicht werden… also lieber warten… vielleicht liegt es ja auf dem Extrastapel und er meldet sich schon morgen… 

(Foto: Jeju, Korea)

2 Kommentare:

  1. Annette, stell es Dir einfach so vor, wie Du es gerne hättest und tu so, als wäre es schon eingetroffen. Funktioniert allerdings nur, wenn man zwischendurch nicht zweifelt, dann muss man nämlich von vorne anfangen...
    LG
    Heidi

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