Freitag, 19. Oktober 2012

Unvergessliche Lesungen

 
Den Tag gestern werde ich sicherlich unter „Unvergesslich“ in meinem Kopf abspeichern. Ein Tag, der so viele Begegnungen und so viele Spannungshöhepunkte hatte, dass man ihn nicht als Kurzgeschichte schreiben könnte. „Schlechter Spannungsaufbau“, würden Lektoren vielleicht sagen. „Zu viele Begebenheiten, zu viele Personen. Reduzieren Sie das Geschehen. Dann wird es gut!“
Aber das Leben ist eben kein Roman.
Die Jugendgerichtshilfe Göttingen hatte mich zu einem Lesetag nach Göttingen eingeladen. Dort sollte ich in der Heinrich-Heine-Schule und in der Arrestanstalt Göttingen aus verschiedenen Büchern lesen.
Die Jugendgerichtshilfe unterstützt, wie ich schon erzählt habe, das Projekt Lesen statt Strafe, ein Projekt, in dem es jugendlichen Straftätern frei gestellt wird, ein ausgewähltes Buch zu lesen, statt gemeinnützige Arbeit zu leisten. Da viele Bücher von mir in dieser Lesekiste liegen, war die Idee entstanden, mich zu einer Lesung einzuladen.
Hier habt ihr einen Einblick in meinen eindrucksvollen Tag.
Liebevolle Vorbereitungen gab es in der Heinrich-Heine-Schule.










Nach der Lesung entstand dieses ein Gruppenbild.


Dann fuhren wir zur Arrestanstalt Göttingen, eine Jugendstrafanstalt im offenen Vollzug, in der aber zwei Etagen für den geschlossenen Arrest vorgesehen sind.
Ein Justizbeamter führte mich so durch die Strafanstalt, dass ich einen Einblick bekam, wie es einem Straftäter am ersten Tag erging. Das war sehr eindrucksvoll:
Warteraum, Aufnahmegespräch, Wertsachen abgeben und Wäsche in Empfang nehmen, die Zelle, die Küche, der Hühnerhof mit Hahn Franz. 








Nach der Führung war Zeit für Gespräche mit den Jugendlichen. Wir tranken gemeinsam Kaffee, aßen Kekse und hatten die ersten vorsichtigen Kontakte.
Danach begann die Lesung. Sie war nicht nur von den Jugendlichen besucht. Auch Förderer, Justizbeamte, Menschen von der Jugendgerichtshilfe und verschiedene Journalisten vom Radio und der Presse hörten zu, wie ich aus dem Buch „Verurteilt“ las und über meine Arbeit mit den Jugendlichen erzählte.


Obwohl so viele Außenstehende die Lesung verfolgten, ergaben sich doch viele Fragen und Rückmeldungen der Strafgefangenen. Auch nach der Lesung hatten wir noch gute persönliche Gespräche. Das hat mich sehr gefreut.
Abends war ich noch ins Studio des Stadtradios Göttingen eingeladen, doch davon erzähle ich morgen.   
Allen lieben Menschen, die an diesem eindrucksvollen Tag mitgewirkt haben, einen lieben Gruß und herzlichen Dank.

1 Kommentar:

  1. Liebe Annette
    Das finde ich gut, eine Lesung in der Jugendstrafanstalt.
    Habe die JVA Heinsberg mal besucht, war schon ein bedrückendes und eindrucksvolles Gefühl. Das ist einen Stafanstalt nur für Jugendliche, die nun erweitert wurde.

    Es ist leider immer mehr so, das Kinder und Jugendliche noch nie ein vernüftiges Buch in der Hand hatten oder gelesen haben. Und das ist traurig und schlimm!
    Ich verstehe auch die Eltern nicht, das sie ihren Sprösslingen das lesen und Bücher nahe bringen.

    Ich finde es toll von Dir, das Du auch dort eine Lesung gemacht hast. Ich glaube, das hat eine Menge der Jungendlichen sehr beeindruckt.

    Ein schönes sonniges Wochenende und liebe GRüße
    Angelika

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