Montag, 17. Dezember 2012

Wieder ein Amoklauf




Kaum auszuhalten sind sie, diese Berichte über die Sandy-Hook-Grundschule in Connecticut. Verzweifelte Eltern, die versuchen, ihrer getöteten Kinder vor laufender Kamera zu gedenken, trauernde Geschwister, die ihre tote Schwester zur Heldin erklären, und hinter allem der verzweifelte Wunsch, diesem unnützen Tod einen Sinn zu geben.
Das alles ist so unsagbar traurig.
Schnell sind wieder Schuldzuweisungen an der Tagesordnung: Das lockere Waffengesetz ist es in diesem Fall.
Natürlich steht die Häufigkeit bewaffneter Amokläufe in Zusammenhang mit der Offenheit des Waffengesetzes, doch auf eine Verschärfung und damit auf eine Einsicht der Waffenlobbyisten zu warten, ist wie das Warten auf das Paradies.
In der Zwischenzeit müssen wir uns auch überlegen, was jeder einzelne dazu beitragen kann, dass so etwas nicht wieder passiert.
Immer wieder werden die Täter als Einzelgänger beschrieben, als Menschen, die eher zurückhaltend, eher seltsam, vielleicht verschroben waren, Menschen, die nicht viel positive Beachtung erlebt haben.
In der Pädagogik wird viel Augenmerk auf Defizite gerichtet und Handlungsstrategien dagegen entwickelt. Dem schwachen Rechtschreiber, dem schlechten Mathematiker, dem unsportlichen oder dem unmusikalischen Schüler werden Förderprogramme entgegen gesetzt, und ihm so eine Chance gegeben, seine Defizite aufzuarbeiten.
Den Kindern und Jugendlichen, die still, seltsam, verschroben oder eigenwillig in den Klassenräumen sitzen, wird nur selten ein pädagogisches Konzept entgegen gebracht, soziale Kompetenzen zu entwickeln. Sie werden von Lehrern geduldet und von Mitschülern gemieden. Das ist zu verstehen, ist die Beschäftigung mit ihnen doch mühsam, führt zu Verletzungen statt zur Dankbarkeit. Und doch ist es so wichtig, ihnen mit einem liebevollen Blick zu begegnen, ihre Eigenwilligkeit zu akzeptieren und ihnen die Möglichkeit zu geben, ihre Stärken zu zeigen.
Soziale Kompetenz, Empathie, der Blick aus der Perspektive des anderen, alle diese Dinge sind lernbar. Voraussetzung dafür aber ist, dass die Abgrenzung, die die Einzelgänger zeigen, nicht als Charaktereigenschaft, sondern als Verletzung gedeutet wird, der man verständnisvoll begegnen sollte. Nur ein Mensch, der Zuwendung erfahren hat, kann sie weiter geben. 

(Siehe auch: Annette Weber, Männliche jugendliche Einzelgänger - eine biographische Studie, Grin-Verlag 2008)

3 Kommentare:

  1. Ja liebe Annette es ist erschütternd und mein Mitgefühl gehört den Eltern.
    Das hast Du gut beschrieben, viele Kids sind sich alleine überlassen, weil beide Eltern arbeiten gehen und keiner hat für sie Zeit.

    Liebe Adventgrüße
    Angelika

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  2. Ach, so will ich das gar nicht gesehen haben, liebe Angelika. Die Mutter dieses amerikanischen Täters hat sich ja Zeit für ihn genommen und hat mit ihm viele Schießübungen gemacht. Es ist nicht immer die Zeit, die den Kindern fehlt, es ist das Wahrgenommen werden.
    Gruß Annette

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  3. Ja, und der Wahrnehmung dürfen sie sich, selbst wenn sie das gar nicht mehr erleben, nach so einer Tat sicher sein. Zumindest, bis die nächste Katastrophe sie von den Titelseiten und aus den Nachrichten verdrängt. Ich frage mich immer, ob eine weniger ausufernde Berichterstattung (neben vielem anderen) dazu beitragen könnte, die Zahl solcher Taten zu verringern.

    Nachdenklich
    Marie

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