Samstag, 28. Juni 2014

Erinnerungen an die Weltmeisterschaften




Es ist das Jahr 1966. Ich bin zehn Jahre alt, als Deutschland im Viertelfinale gegen Uruguay spielt. Die Uruguayer spielen mit aller Härte. Mein Vater regt sich schrecklich auf. Ich halte es im Wohnzimmer nicht mehr aus, laufe in den Garten und setze mich auf die Schaukel. Über alle Grundstücke hinweg höre ich einen Nachbarn brüllen: „Raus! Raus ihr Schweine!“ Zwei uruguayische Spieler werden vom Platz verwiesen. Deutschland gewinnt 4:0.

Es ist das Jahr 1974. Ich bin mit meiner Klasse – die 12. Klasse eines Mädchengymnasiums - auf Klassenfahrt in Holland. Am Tag der Weltmeisterschaft geht es nach Hause zurück. Mein Klassenlehrer drängelt. Er will das Spiel unter allen Umständen in Deutschland sehen. In einer kleinen Kneipe hinter der Grenze halten wir an und drängen uns in den sowieso schon viel zu vollen Raum zwischen all die Gäste. Die Männer sind angesichts dieser vielen Mädchen in der Unterzahl und halten sich mit dem Fluchen zurück. Deutschland gewinnt 2:1.

Es ist das Jahr 1994. Deutschland spielt im Viertelfinale gegen Bulgarien. Wir haben Sommerferien und sind in Frankreich auf einem Campingplatz. Alexander drängt mich, mit ihm eine kleine Kneipe zu gehen, um das Spiel anzuschauen. Zuerst verspreche ich es ihm, dann aber bemerke ich einen unglaublichen Deutschhass in der Kneipe. Ich zögere. Als die Bulgaren ein Tor schießen, liegen sich die Franzosen in den Armen, als Deutschland ein Tor schießt, fluchen sie böse. Ich traue mich nicht hinein. Alex schaut das Spiel durch die Fensterscheibe. Deutschland verliert 1:2, und er wischt sich verstohlen die Tränen aus den Augenwinkeln. Ich bin traurig, dass ich ihn allein gelassen habe.

Es ist das Jahr 2006. Deutschland spielt gegen Argentinien und steht im Viertelfinale. Ich habe ein Seminar in Osnabrück und bin auf dem Weg dahin. Im Radio höre ich das Spiel an. Die Straßen sind so frei wie nie zuvor. Das Spiel ist unendlich spannend und endet mit einem Elfmeter-Krimi  4:2. Als ich in Osnabrück ankomme, ist auch das Spiel zu Ende. Ich fahre im unfreiwilligen Autokorso hupend durch die Innenstadt.

Erinnert ihr euch noch, wann ihr wo zu welchen Spielen ward?

Foto: Public Viewing in Brasilien

2 Kommentare:

  1. Als Nichtfussballfan sind meine Erinnerungen an Fussball WM-Spiele bescheidener Natur, zumal unsere Jungs nicht regelmässig mit von der Partie waren.
    Dennoch erinnere ich mich - allerdings nicht so weit zurück wie du - an die eine oder andere Partie.
    Wir waren 2006 mit dem Wohnmobil in Norwegen unterwegs und mein Mann wollte sich die Spiele mit Schweizer Beteiligung anschauen. Das war nicht immer ganz einfach, so hoch im Norden einen geeigneten Übernachtungsplatz zu finden, an dem nicht irgendwo am Horizont doch noch ein Baum im Weg stand, der den Satelliten-TV-Empfang beeinträchtigt hätte. Da die Schweizer nicht über die Vorrunde hinaus kamen, wurde unsere Reise nur kurzzeitig beeinträchtigt. ;-)

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    1. Ich finde es das größte Problem an der WM, dass sie immer in der Sommerurlaubszeit stattfinden.
      Danke für deine Erinnerung. Dafür sind die Schweizer ja diesmal ganz vorne mit dabei!

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