Samstag, 6. Mai 2017

Gothas Bürgermeister im Interview

„Wie heißt eigentlich der Bürgermeister von Bad Lippspringe?“, frage ich meinen Mann beim Abendessen. Bad Lippspringe ist unsere Heimatstadt. Wir überlegen einen Moment lang. „Ich komme gleich drauf…“ und erinnern uns schließlich an den Nachnamen. Bei dem Vornamen schwanken wir zwischen Martin und Andreas.
Der Name des Oberbürgermeisters von Gotha ist mir dagegen schon nach wenigen Tagen meiner Ankunft geläufig. Das liegt natürlich einmal daran, dass mir Knut Kreuch die Urkunde zur Stadtschreiberin übergibt und eine prägnante Rede hält, er ist aber auch sonst in der Stadt in aller Munde.
„Wenn du jemanden für deine Kolumne brauchst, muss du unbedingt Knutschi interviewen“, sagt eine liebe Bekannte zum Beispiel lachend, und ich brauche eine Weile, bis ich kapiere, dass sie damit Knut Kreuch meint. Knutschi – das hört sich irgendwie ziemlich persönlich an. Es ist auf alle Fälle ein Mensch zum Anfassen und Gerne-mögen.
An einem anderen Tag werde ich Zeuge eines Streits auf der Straße. Ein Passant ruft einem Hundebesitzer zu, er möge doch seinen Hund an die Leine nehmen, aber der antwortet erbost: „Das soll mir der Kreuch erst mal persönlich sagen. Eher tue ich es nicht.“ Spätestens an dieser Stelle wird mir klar, welche ganz persönlichen Ansprüche so einige Menschen auch an ihn haben.
Knut Kreuch kennt also jeder, und jeder schmunzelt, wenn er mal wieder sein bekanntes Zitat bringt, dass Gotha eigentlich die Wiege Europas und auch der Mittelpunkt Deutschlands ist. In Zeiten der Globalisierung ist es vielen wichtig, einen Ort zu haben, mit dem sie verwurzelt sind. Knut Kreuch ist das in seiner Stadt ganz bestimmt. Er kennt jeden Winkel der Stadt und als Hobby-Historiker ist er auch in Sachen Heimatkunde nahezu unschlagbar.
Knut Kreuch lädt mich in sein beeindruckendes Arbeitszimmer ein und lässt sich von mir interviewen. Wie er sich seine große Beliebtheit erkläre, will ich wissen. Er sieht sie darin begründet, dass er ein Mensch zum Anfassen geblieben ist, ein bodenständiger Typ, dem seine Heimatstadt am Herzen liegt. Das spüren die Menschen, und das macht das große Vertrauen aus, das sie in ihn setzen. So wird er 2006 mit großer Mehrheit und 2012 mit noch größerer Mehrheit wiedergewählt, eine Wahl die ihn überrascht, rührt und die er als große Ehre empfindet.
Als Oberbürgermeister einer Stadt muss man oft schwierige Entscheidungen treffen. Am schwersten fallen ihm natürlich Personalentscheidungen, besonders dann, wenn man gezwungen ist, sich von Mitarbeitern zu trennen. Aber auch den unglaublich vielen Ansprüchen der Bürger gerecht zu werden, beschäftigt ihn sehr. Der eine will eine Verkehrsberuhigung für seinen Ort, der andere dagegen eine Durchfahrtsstraße, immer das, was man nicht hat, wird beklagt. Da muss man schon auch mal die Schultern zucken und sich nicht für alle Probleme der Welt verantwortlich fühlen, und genau das fällt Kreuch nicht so leicht.
Der Oberbürgermeister arbeitet kontinuierlich daran, Gotha weiter zu entwickeln, neue Firmenstandorte zu erschließen und Arbeitsplätze an den Ort zu binden. Ein großer Wunsch ist es natürlich, eine Fachhochschule oder Universität zu bekommen, aber davon träumen viele Städte und das Durchsetzen dieser Ideen ist nicht so einfach. Trotzdem braucht man auch Visionen, um einen Ort auf Jahre hin weiter nach vorn zu bringen.
„Mit welcher Figur der Gothschen Geschichte empfinden Sie die größte Sympathie“, ist meine letzte Frage. Die Antwort überrascht mich total. Knut Kreuch nennt die „Frau Hildegard“ als seine größte Sympathieträgerin. Von dieser Frau, einer einfachen Frau aus Gotha, ist nur der Vorname bekannt. Sie schenkte der Heiligen Elisabeth im 12. Jahrhundert ein Grundstück mit einem Haus in der Gotharer Innenstadt im Brühl, aus dem später das Maria-Magdalenen-Hospital entstand. Ihrer Großherzigkeit erwies sich als ungeheuer weitsichtig und ermöglichte es, dass ein Ort entstand, der vielen Menschen eine große Hilfe war. Es ist diese Klugheit und Uneigennützigkeit, die Kreuch imponiert. Sein großer Wunsch ist es, dass man wegkommt vom kleinen egoistischen Nur-an-sich-selbst-Denken hin zu der Erkenntnis, dass man auch als einzelner Bürger viel für die Gemeinschaft tun kann, wenn man erst mal bereit ist, über seinen Tellerrand zu schauen.


1 Kommentar:

  1. Auf mehr,
    liebe Annette,
    solcher Menschen wie Knutzschi und Hildegard:
    Klug, weitsichtig, grosszügig und beziehungsstark!

    Mit einem herzlichen Dankeschön für diesen Beitrag schicke ich dir liebe Grüsse nach Gotha
    Hausfrau Hanna

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